Nah am Ursprung

„Irgendwas stimmt mit dem Bier nicht…. schau mal… das ist ja total trüb!“ So in etwa klangen die Unterhaltungen im österreichischen Gasthaus der 1980er Jahre, als das Zwicklbier seine Wiedergeburt erlebte. Ist das Bier trüb, wurde beim Brauen etwas versemmelt. So in etwa der damalige Tenor. Denn die Neuerungen der Brautechnologie im 19. Jahrhundert zielten vor allem darauf ab, dem Bier einen klaren und reinen Charakter zu verleihen, welche bis zur Renaissance des Zwickls vor einigen Jahrzehnten als Zeichen von Qualität galten.
Aber seien wir ehrlich: Das ist doch die natürliche Entwicklung der Dinge. Man greift eine Entdeckung (Bier) auf und ist begeistert davon. Es wird verfeinert und noch weiter verfeinert, bis es eine Reinheit aufweist, die die innere Stimme nach mehr Natürlichkeit weckt. Ein schlagartiger Drang nach der Nähe zu den Wurzeln.
Diesen Drang wertschätzt auch ein großer Teil der Biertrinker in Österreich, weshalb das Zwicklbier mittlerweile zur drittbeliebtesten Biersorte in der Märzennation Österreichs aufstieg. Das geht aus der repräsentativen Studie zu den Trinkgewohnheiten der Bierliebhaber in Österreich hervor, die jährlich als Grundlage für den Bierkulturbericht der Brau Union Österreich durchgeführt wird.
Die Popularität liegt am unverfälschten Geschmack, wie es von unseren Vorgängergenerationen schon genossen wurde. Früher Normalität, heute Delikatesse. Aber die Schönheit eines Zwickls liegt keineswegs in den Extremen, sondern in der Ausgeglichenheit sämtlicher Facetten, die ein Bier ausmachen: Die süffige Deftigkeit der Protein- und Hefepartikel dieser ungefilterten Biergattung sowei die fruchtige und cremige Dichte der Schaumkrone. Und hier handelt es sich in der Tat um eine Krone. Eine Krone, wie sie nur das Zwickl verdient. Natürlich, simpel und doch so hochkomplex im Geschmack. Einfachheit ist der erste Schritt der Natur und der letzte der Kunst. Kunst, die in Österreich zum Glück erneut an Fahrt gewinnt:
Aber warum eigentlich „Zwickl“? Die Benennung kommt vom „Zwicklhahn“, den der Braumeister in den Gärbottich schlug und eine Probe entnahm, um zu prüfen, ob sich die Hefe bereits gesetzt hat. Damals war allerdings ein möglichst klares Gebräu das Ziel, während heute ein besonders gleichmäßig wolkiger Anblick von der Güte und Naturbelassenheit dieses Bieres zeugt.
Diese Güte bietet die Brauerei Schwechat bereits seit geraumer Zeit, in Form des hopfigen Schwechater Zwickl an. Mit seiner blumigen Note und strohgelben Färbung setzt es das Erbe der naturtrüben Tradition fort. So aber auch die Wieselburger Brauerei, welche zum 250-jährigen Jubiläum das Sortiment aufstockte und es um die goldgelbe Sorte Wieselburger Zwickl ergänzte – ein weiterer Beitrag zur Erhaltung der jahrhundertealten Bierkultur in der Alpenrepublik. Das Wieselburger Zwickl ist übrigens eines der wenige Zwicklbiere, das neben der Flasche auch in der praktischen Dose erhältlich ist. 😉
Im Fernen Osten sagt man „Das Leben ist wie eine Tasse Tee.“ In Österreich könnte man sagen: „Das Leben ist wie ein Glas Bier.“ Manchmal klar, manchmal trüb. Manchmal herb, manchmal süßlich. Aber immer ist es eine Auszeit und Balsam für die Seele. Zwei Dinge, die wir besonders in Zeiten wie diesen willkommen heißen sollten.
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Welche Rückschlüsse lassen sich aus dem österreichischen Bierkulturbericht ableiten? Conrad Seidl ist einen Schritt weiter gegangen, und hat 10 Thesen formuliert, die wir euch in 2 Teilen vorstellen wollen.

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