Fünf vor Zwölf im Bierland Österreich – Brauer fordern dringende Entlastungen

Die Alarmglocken schrillen. Eine gesamte Gesellschaft versucht, ihr Firmament nach Wochen des absoluten Stillstandes neu zu ordnen. Wurde nahezu die gesamte Wirtschaft mit voller Wucht getroffen, hat das Bierland Österreich gleich mehrere schwere Schläge wegzustecken – Auf Dauer nur einstecken, das kann freilich niemand überstehen. Deshalb treten zahlreiche österreichische Brauer und Gastronomen nun die Flucht nach vorne an und fordern tiefgreifende Entlastungen.

Seit Mitte März ist die Gastronomie in Österreich vollständig geschlossen – Zwar darf diese nun mit 15. Mai wieder unter Auflagen wieder öffnen, doch haben rund zwei Monate Totalsperre den Schaden längst angerichtet, den es nun zumindest abzufedern gilt. Im Durchschnitt sprechen wir hier von 50 % Umsatzeinbußen, abhängig vom Gastronomieanteil noch weitaus mehr. „Mit der Schließung der Gastronomie wurde einem unserer wichtigsten Partner von einem Tag auf den anderen sprichwörtlich das Licht abgedreht“, erklärt Sigi Menz, Obmann des Verbandes der Brauereien Österreichs, die Lage. Zwar würde der Lebensmitteleinzelhandel das Bierland Österreich in diesen Zeiten stärken, könne aber logischerweise niemals den Wegfall der Gastronomie allein abfangen, so Menz weiter.

Dabei wird man keineswegs müde zu betonen, dass zum Schutze der Bevölkerung Maßnahmen gesetzt werden mussten, die man als Betriebe auch voll mitgetragen hat. Die Spielregeln in der Gastronomie einzuhalten, sei unbedingt erforderlich, eine zweite Welle könnte der Branche einen Dolchstoß versetzen, wie namhafte Gastronomen wie Robert Bremer – Mitgesellschafter der „Nachtleben“-Gruppe – betonen. Tatsache ist allerdings, auch die eingeschränkte Öffnung mit 15. Mai wird keine schnelle Entspannung des Marktes bringen. Zu viele Fragezeichen stehen hinter dieser Rechnung, wie Sigi Menz zusammenfasst: „(…) die laufenden Absagen branchenrelevanter Veranstaltungen – von Kirtagen über Volksfeste bis hin zu großen Konzerten oder Sportereignissen – verursachen hohe Umsatzausfälle in den nächsten Monaten“.

Die Ausgangslage ist klar: Es ist fünf vor Zwölf, und die Uhr tickt weiter.
Die offensichtliche Frage, die sich aufdrängt, steht im Raum – Was tun? Das Bierland Österreich geht nach vorne, und stellt dringende und konkrete Forderungen auf, um die ungeheuren Belastungen auf Brauer und Gastronomen abzumildern. Mit einer Inlands-Wertschöpfung von rund 1,6 Milliarden Euro sowie Gesamtabgaben von rund 1,2 Milliarden stellt die Bierbranche im konkreten einen wirtschaftlichen Grundpfeiler unseres Landes dar. Um das Risiko des völligen Wegbrechens dieses Tragpfeilers zu minimieren, stellt das Bierland Österreich folgende Forderungen auf:

Einen ermäßigten Umsatzsteuersatz (wie z. B. in der Tschechischen Republik bereits umgesetzt) von derzeit 20 % auf 10 % – für auf in der Gastronomie über eine Schankanlage abgegebenes Bier bzw. andere Getränke aufgrund des ausgeprägten Dienstleistungscharakters (tägliche Reinigung der Schank- und Zapfanlagen, Desinfizieren des Zapfkopfes bei jedem Fasswechsel, laufende Reinigung der Bierleitungen etc.). Zudem ist Fassbier „das Mehrweggebinde“ schlechthin. Eine Senkung des Steuersatzes würde nicht nur eine steuerliche Entlastung bedeuten, sondern auch ein Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen und zugleich die Attraktivität von Fassbier bei den Gästen steigern.

 

Eine 100 % Kompensation für Bier, das aufgrund des Lockdowns in der Gastronomie, im Getränkefachgroßhandel, in Depots oder der Brauerei verdorben ist bzw. aufgrund der Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr verkauft werden kann.

 

Eine Reduktion der Biersteuer auf ein faires Niveau. Österreichs Brauwirtschaft wird mit einer der höchsten Abgabenquoten in Europa belastet. Die gesamtsteuerliche Belastung von Bier beträgt hierzulande hochgerechnet fast 50 %. Im Vergleich mit Deutschland ist die österreichische Biersteuer um mehr als das 2,5- fache höher, zudem gelten in Deutschland 19 % Umsatzsteuer.

Diese Maßnahmen werden nötig, da Gastronomie-Gewinne in den vergangenen Jahren durch verschiedene behördliche Vorgaben immer wieder beschnitten wurden, wie Branchen-Insider wie Günther Hager, Betreiber des „Josef“ in Linz berichten.

Die Fronten sind abgesteckt – Das Gastrojahr 2020 kann praktisch bereits abgeschrieben werden, die Betriebe brauchen rasche Unterstützung, sonst steht ihre Existenz als gesamtes auf dem Spiel. Die Zeit der Worte ist vorbei, es muss gehandelt werden. Schlägt die Uhr zwölf, läutet sie das Ende ein. Das zu verhindern, funktioniert nur, wenn es zu einem Schulterschluss zwischen Gesetzgeber, Brauern und Gastronomie kommt.

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